Was müssen Sie als Privat-Patient beachten?
Infos für ges. Versicherte ganz unten
Seit November 2024 sind bei den gesetzlichen Krankenkassen Blankoverordnungen für 114 Schulterdiagnosen in der Physiotherapie möglich, bei Bundesbeamten für alle Diagnosen.
Wozu Blankoverordnungen?
Bei Blankoverordnungen kann der Therapeut grundsätzlich frei über die Heilmittel, Anzahl oder Frequenz entscheiden. Die Idee dabei ist, dass der Therapeut die Effektivität der einzelnen Maßnahmen besser einschätzen kann und unter dem Strich bei ähnlicher oder gar besserer Wirkung die Kosten sinken. Insofern können natürlich nicht beliebig Termine vergeben werden, sondern die Terminvergabe muss sich an der erwartbaren Wirkung und vor allem der Mitarbeit des Patienten orientieren (siehe diverse Beiträge hier im Physio-Blog). Arbeitet dieser nicht erkennbar und hinreichend mit, ist auch keine Wirkung erwartbar und die Therapie muss auslaufen.
Honorare bei Privatversicherten
Während bei den ges. Kassen fast jeder Punkt und jedes Komma genau geregelt ist, ist bei Privatversicherungen und Beihilfe die erstattungsfähige Vorgehensweise, zumindest aus der Sicht der Physiotherapiepraxen,
a) unbekannt
b) uneinheitlich
Dass das folgende etwas kompliziert wird ist wirklich ein Kreuz haben wir Physiotherapeuten aber nicht zu verantworten!
Folgendes sollten Privatpatienten, am besten vor Behandlungsbeginn, mit ihren Kostenträgern abklären, spätestens vor dem zweiten Termin:
- Werden Blankoverordnung überhaupt erstattet?
- Wird der Ersttermin, der dann „Physiotherapeutische Diagnostik“ (PD) heißt, erstattet?
- Wird eine Verordnungspauschale erstattet? Falls ja, in welcher Höhe?
Bei Punkt 1 + 2 geht es nicht um die Erstattungshöhe, sondern darum ob diese Leistungen überhaupt erstattungsfähig sind. Es kann sein, dass die eine Versicherung bei Blankoverordnungen, in Anlehnung an die Regeln der ges. Kassen, genau auf diese Leistungen besteht und eine andere diese gar nicht erstattet.
Wie sieht bei Privatpatienten einen Blankoverordnung für die Physiotherapie aus?
Zumindest bei der Beihilfe für Bundesbeamten ist das aktuell wie folgt geregelt:
- Der Arzt stellt ein normales Privat-Heilmittelrezept für Physiotherapie aus
- Dieses enthält eine Diagnose und verordnet Physiotherapie. Der Arztstempel und Unterschrift darf natürlich nicht fehlen
- Es werden keine einzelnen Anwendungen wie etwa KG oder MT aufgeführt
- Der Begriff Blankoverordnung muss nicht explizit aufgeführt sein
Um unerwartete Kosten und Zumutungen für Privatpatienten zu vermeiden entschloss ich mich zu folgendem Vorgehen:
Bei vorliegendem Blanko-Privatrezept buche ich zunächst so wie es bei den ges. Kassen vorgeschrieben und aktuell von der Bundesbeihilfe erstattet wird
- 1 x Verordnungspauschale (VPB)
- 1 x Physiotherapeutische Diagnostik (PD)
- Beispielsweise 5 x KG + 5 x MT
Weil aber vorher unklar ist wie viele Behandlungen (KG / MT) nötig sind, steht einfach eine willkürliche Anzahl von Heilmitteln in der Honorarvereinbarung. Natürlich werden am Ende nur die tatsächlich erhaltenen Leistungen auf der Rechnung aufgeführt.
Wie schon immer muss der Privatpatient spätestens beim Ersttermin die entsprechende Honorarvereinbarung unterschreiben. (Mit der Unterschrift unter die Honorarvereinbarung verpflichtet sich der Patient die dazugehörige Rechnung am Ende zu begleichen, unabhängig davon ob oder wievel sein Versicherer übernimmt.)
Ohne unterschriebene Honorarvereinbarung kann es grundsätzlich keine Behandlung geben. Diese sende ich per Mail dem Patienten zu oder drucke sie auf Wunsch aus. Der Privatpatient kann/sollte sich spätestens jetzt, falls nicht schon im Vorfeld geschehen, bei allen seinen zuständigen Kostenträgern erkundigen, welche Leistungen verlangt bzw. erstattet werden. Je nachdem wie es der zuständige Kostenträger haben will, kann ich die gebuchten Leistungen etwas anpassen. Etwa die PD gegen KG tauschen oder die Verordnungspauschale herausnehmen. Um diese beiden Posten geht es im Grunde.
Werden Blankoverordnungen generell nicht erstattet, sollte der Patient sich ein reguläres Privatrezept mit gleichem Erstellungsdatum wie die Blankoverordnung ausstellen lassen. Keine Privatkasse erstattet Leistungen die vor dem aufgedruckten Erstellungsdatum des Rezeptes stattfanden!
Privathonorare:
Alle Leistungen die die Anwesenheit eines Therapeuten erfordern haben in unserer Praxis den gleichen Minutenpreis. Das ist zwar nicht üblich, dafür schlüssiger.
Unsere Honorare sind kalkuliert und ohne jeden Zweifel mindestens angemessen, wenn nicht sogar günstig, zumindest wenn man unsere Kosten berücksichtigt. Ob manche Praxen höhere oder niedrigere Honorare verlangen spielt hierbei keine Rolle.
Das bedeutet aber leider nicht, dass jeder Patient das genauso sieht und schon gar nicht ob die jeweilige private Versicherung diese Kosten überhaupt, bzw. in ganzer Höhe trägt. Wer sich sehr ungünstig versichert und dabei über Jahre hohe Versicherungsbeiträge spart, muss am Ende möglicherweise etwas zuzahlen. Diese Frage kommt am häufigsten bei Beihilfepatienten auf. Aber die Beihilfe versteht ihre Erstattungen ausdrücklich nur als Unterstützung, nicht als Bezahlung. Sie gibt explizit an, dass ihre Erstattungssätze nicht kostendenkend sind und auch nicht sein sollen!
Jeder Beihilfeversicherte hat die Möglichkeit sich privat zusätzlich für Gesundheitskosten oberhalb der Beihilfeunterstützung zu versichern. Wer sich diese Versicherung spart muss im Zweifel nunmal etwas zuzahlen. Vermutlich ist das bezüglich Physiotherapie im Zeitverlauf trotzdem günstiger als die gesparten Versicherungsbeiträge.
Regeln der Blankoverordnung für gesetzlich Versicherte:
- Eine Blankoverordnung ist aktuell ausschließlich für 114 Schulterdiagnosen möglich.
- Eine Blankoverordnung mit passender Schulterdiagnose ist ungültig, wenn tatsächlich eine andere Körperregion behandelt werden soll, bzw. Beschwerden verursacht.
- Eine Blankoverordnung ist für 16 Wochen nach dem Erstellungsdatum gültig. Vorher kann es keine neue Verordnung für die Schulter geben.
- Es ist wie üblich eine passende Diagnose (ICD-10-Code) angegeben und in der Formularmitte nur Blankoverordnung. Also keine Heilmittel, Anzahl oder Frequenzen. Alles andere ist wie gewohnt.
- Der Ersttermin ist zwingend eine „Physiotherapeutischen Diagnostik“ (PD), also etwas Verwaltung dann Untersuchung und Dokumentation.
- Falls der Terminplan es zulässt versuche ich zu Anfang 2–3 Doppeltermine zu buchen, so dass am selben Termin ein Therapiebeginn folgen kann.
- Eine Rezeptgebühr muss erhoben werden. Die Höhe richtet sich nach der Menge der am Ende erhaltenen Leistungen. Diese Gebühr beabsichtige ich nach Behandlungsende zu erheben. Diese ist zwingend und kann nicht erlassen werden.
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