Manuelle Lymphdrainage wird sehr viel und in den letzten Jahren stark zunehmend nachgefragt. Patienten haben erhebliche Schwierigkeiten MLD-Termine zu bekommen und sind deswegen oft ganz verzweifel. Aber wie kommt es, dass in den letzten Jahren MLD zunehmend stärker nachgefragt wird?
Nehmen die Lymphödeme etwa epidemisch zu?
Wer benötigt Manuelle Lympgdrainage?
Wie der Name schon sagt, ist die MLD eine Anwendung gegen Lymphödeme. Bei weitem nicht jedes Ödem ist ein Lymphödem, welches zuverlässig nicht ganz einfach zu diagnostizieren ist.
Oft wird MLD nach Operationen wegen einem Post-OP-Ödem verordnet. Das ist aber auch kein Lymphödem, vergeht in aller Regel von alleine, und für MLD konnte hier bislang kaum eine Wirkung nachgewiesen werden.
Viele Patienten bekommen gegen Nachmittag und Abend Ödeme an den Beinen, besonders Unterschenkel und Sprunggelenke sind betroffen, die über Nacht wieder weitegehend vergehen, weil die Beine im Bett quasi hochgelegt wurden. Aber wenn ein Ödem allein durch hochlegen vergeht, wozu bedarf es dann MLD?
Ödeme die im Tagesverlauf entstehen, meist in den Beinen, und über Nacht vergehen, bestehen in aller Regel nur aus Wasser. Das kann man gut daran erkennen dass man am Ödem Dellen drücken kann. Die Dellen entstehen, weil unter dem nun erhöhten Druck des Fingers oder der Hand das zuviele Wasser „zwischen den Körperzellen“ (= Ödem) durch die Wand der Blutgefäße in dieselben zurück diffundiert und abtransportiert wird. Es befindet sich somit nicht mehr im Gewebe als Ödem. Und wenn einige Sekunden Druck genügt um an einer kleinen Stelle das Ödem erheblich zu reduzieren, dann kann man sich vorstellen, dass solcher Druck größflächiger und langfristiger angelegt genauso wirkt, was es auch tut. Bei „Wasser“ in den Beinen ist daher grundsätzlich eine hinreichende Kompresionsbestrumpfung wirksam, oder / und Aktivität wie flottes Gehen. Die Arbeit der Muskeln drückt das Wasser in die Blutgefäße zurück.
Natürlich müssen auch die Gründe für diese Ödeme beachtet werden. Liegt etwa eine Herzmuskelschwäche vor, dann sollte ohnehin zuerst ein Arzt um Rat gefragt werden, denn wird Wasser oder auch Lymphe aus den Beinen in die Blutbahn zurückbefördert, belastet diese zusätzliche Flüssigkeit das Herz. Herzmuskelschwächen können durchaus ein Grund für die Ödeme sein.
Wie stark wirkt MLD?
Es gibt mehrere Möglichkeiten ein Ödem zu reduzieren.
Hat man lediglich ein Wasserödem kann eine korrekte Kompressionsbandagierung erheblich helfen. Empfohlen werden hier Kompressiosstrümpfe der Kompressionsklasse 2. Hochlegen hilft ebenfalls wie schon gesagt und längeres Stehen oder Sitzen sollte vermieden werden. Aber vielleicht haben Sie auch schon beobachtet, dass etwa bei einem Spaziergang oder Marsch solche Ödeme entschieden weniger entstehen, falls überhaupt, im Vergleich zu Sitzen und Stehen. Hinreichende Aktivität der Beinmuskulatur wirkt Beinödemen aller Art erheblich entgegen. Und wenn dann noch zusätzlich eine Kompressionsbandagierung getragen wird, so dass die Beinmuskulatur das ganze Gewebe und das Ödem gegen eine ausreichende Kompressionsbestrumpfung drückt, dann hat man praktisch die maximale ödemreduzierende Wirkung.
MLD Anwendungen sind nicht wirkungslos, aber bei der Wirkung von hinreichender Bewegung und Kompression kann MLD bei weitem nicht mithalten. MLD wirkt auch bestenfalls wenige Stunden. Wenn nun aber nur eine Anwendung pro Woche abgegeben wird, was soll das bringen?
Bei Ödemen der Arme müssen natürlich die Arme aktiv trainiert werden, da hilft Gehen weniger.
Die stärkste Ödemreduzierende Wirkung hat hinreichende Bewegung wie flottes Gehen, also nicht schlendern, oder Kniebeugen und ähnliches.
Nur etwas schwächer wirkt eine hinreichende Kompressionsbestrumpfung. Bei echten Lymphödememen ist die Kompressionsklasse 3 empfohlen.
Die Kombination dieser beiden Möglichkeiten hat eine merklich stärkere Wirkung als beide für sich allein.
Die Wirkung einer zusätzlichen MLD ist praktisch nicht messbar, als überflüssig.
Wer benötigt nun MLD?
MLD benötigen Patienten mit einem Lymphödem bei dem die anderen Maßnahmen wie Bewegung und Kompression nicht möglich sind, beispielsweise Querschnittpatienten.
Wegen der Lähmungen können sie nicht aktiv bewegen und die Kompressionsbestrumpfung vertragen sie wegen der Lähmungen auch nicht.
Warum ist die Nachfrage nach MLD so hoch, wenn es so wenig wirkt?
MLD ist eine ruhige angenehme und passive Anwendung.
Das ist der Grund.
Es steht also ein Wellnessempfinden im Vorderfgrund ohne dass das den Patienten bewusst sein muss. „Das tut mir doch so gut“, ist ein verbreitetes Argument für weitere Behandlungen. Ärzte kennen sich mit Ödemtherapie anscheined häufig nicht allzugut aus und geben dem massiven Drängen der Patienten nach, auch weil sie es nicht besser wissen. Dem Therapeuten gegenüber argumentieren die Patienten dann, dass der Arzt es schließlich verordnet hätte, dann müsse MLD auch notwendig sein.
Dass die tatsächliche Wirkung der Behandlung eine eher geringe Rolle spielt sieht man daran, dass Patienten die erst einmal eine Serie MLD Behandlungen erhalten hatten praktisch unmöglich zu weit wirksameren Behandlungsmethoden zu motivieren sind, also hinreichende Aktiviät und adäquate Kompressionsbandagierung.
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